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Entwicklung von Schulkindern

Wie entwickeln sich Schulkinder? Sehen wir uns das einmal genauer an.

Motorische Entwicklung

Im Schulalter verbessert sich die Grob‑ und Feinmotorik deutlich und kontinuierlich. Die Jahre zwischen 8 und 12 gelten als goldenes Zeitalter des motorischen Lernens. Bewegungen werden schneller und präziser, die Muskelkraft nimmt zu – was sich nicht nur in besseren Leistungen beim Schreiben und Zeichnen, sondern auch in einem wachsenden Interesse an Bewegungsspielen und sportlichen Aktivitäten zeigt.


Zunächst konzentrieren sich praktische Bewegungsleistungen auf Schulter- und Ellenbogengelenke. Erst durch weiteres Üben entwickeln sich die feineren Koordinationsfähigkeiten von Handgelenk und Fingern. Mit acht Jahren sind Jungen und Mädchen etwa gleich leistungsfähig, mit zehn trennt sich die Entwicklung klarer. Motorische Leistungen hängen jedoch nicht nur vom Alter ab, sondern auch von äußeren Bedingungen. Kinder, die durch Eltern oder andere Personen in ihrer Bewegung gefördert werden, verbessern sich schneller. Kinder, die körperlich weniger gefördert werden oder in ihrer Aktivität eingeschränkt sind, zeigen geringere Leistungen und verlieren bald ihr Interesse an Bewegung – ein Teufelskreis entsteht.


Bei Kindern mit persistierenden primären Reflexen kann die motorische Geschicklichkeit ebenfalls eingeschränkt sein. Studien zeigen, dass körperliche Stärke und Beweglichkeit eine bedeutende Rolle für die soziale Position eines Kindes spielen. Kleinere oder schwächere Jungen sind häufiger Einzelgänger, und einige neurotische Symptome oder Verhaltensstörungen haben ihre Wurzeln genau darin. Andere kompensieren ihre Schwächen dagegen in anderen Bereichen – zum Beispiel durch Stärken in Musik, Schule oder anderen Aktivitäten.


Wahrnehmung

Auch das sinnliche Wahrnehmen verbessert sich im Schulalter deutlich. Wahrnehmung ist nicht mehr nur eine Reihe elementarer Reize, sondern ein komplexer psychischer Prozess, der alle Persönlichkeitsaspekte einbezieht – Haltung, Erwartungen, Konzentration, Ausdauer, Erfahrungen, Interesse und bereits entwickelte Fähigkeiten. Das bedeutet: Kinder werden immer aufmerksamer, ausdauernder, erforschen Dinge gründlicher und sind in ihrer Wahrnehmung weniger von momentanen Wünschen abhängig als jüngere Kinder. Sie sehen nicht mehr nur das Ganze, sondern untersuchen Dinge detailliert bis ins kleinste Detail.

Sprache

Nicht nur die Motorik, auch die Sprache verfeinert sich weiter. Eine gut entwickelte Sprache ist eine wichtige Voraussetzung für schulischen Erfolg – sie fördert das Erinnern und erleichtert das Lernen. Im Schulalter wächst der Wortschatz deutlich, ebenso Länge und Komplexität von Sätzen und Gebrauch grammatischer Regeln. Siebenjährige Kinder kennen etwa 18 000 Wörter, elfjährige schon über 25 000. Die Unterschiede sind jedoch enorm, und diese Zahlen sind nur grobe Schätzungen.

Sozialisation

Die Integration in die Gemeinschaft verstärkt sich mit dem Schuleintritt. Wichtige Bezugspersonen für das kindliche Verhalten sind nicht mehr nur Eltern, sondern zunehmend Lehrer und Mitschüler. Kinder lernen, dass Gefühle, Wünsche oder Motive vor anderen verborgen werden können. Das moralische Bewusstsein entwickelt sich schrittweise: Bis etwa sechs bis sieben Jahre gilt, was Erwachsene sagen – Eltern oder Lehrer – als „gut“ oder „schlecht“, je nachdem, ob es erlaubt oder verboten ist.


Mit etwa sieben bis acht Jahren beginnt das Kind, Handlungen unabhängig von Erwachsenen selbstständig als richtig oder falsch zu beurteilen. Allerdings ist diese Moral noch sehr rigide und absolut – Regeln gelten uneingeschränkt. Erst ab etwa 11 bis 12 Jahren beginnt das Kind, auch Motive zu berücksichtigen (z. B. „Sie nahm Essen ohne Erlaubnis, weil sie kein Geld hatte und ihr Kind Hunger hatte“), und entwickelt Verständnis für Situation sowie Beweggründe.


Achtjährige Kinder können bereits organisiert gemeinsam spielen und zeigen zunehmend Interesse an Gruppenspielen.

Im jüngeren Schulalter spielen Jungen und Mädchen oft noch zusammen, doch gleichzeitig verstärkt sich die Auseinandersetzung mit geschlechtsspezifischen Rollen. Mädchen neigen zu typischen „weiblichen“ Hausarbeiten und helfen gern zu Hause, während Jungen sich eher für „männliche“ Tätigkeiten wie Holz hacken interessieren. Dies spiegelt sich auch in ihren Zeichnungen wider. Werden Kinder gefragt, was sie werden möchten, wollen Jungs häufig Polizist, Feuerwehrmann oder Profi-Hockeyspieler werden – Berufe, die männliche Attribute wie Macht, Stärke und Erfolg betonen. Mädchen wählen hingegen häufiger Berufe mit sozialem oder kommunikativem Schwerpunkt.


Im mittleren Schulalter (9 bis 12 Jahre) verändert sich die kollektive Dynamik: Jungen beginnen, Freundschaften mit Jungen zu schließen, Mädchen mit Mädchen – ein Schritt zur Herausbildung geschlechtsspezifischer Identität. In dieser Phase bis etwa 12–13 Jahre zeigen Jungen verstärkt maskuline Verhaltensweisen – manchmal laut, prahlerisch or sogar aggressiv; sie wagen oft mutige Aktionen oder nächtliche Abenteuer. Der Kontakt zu Mädchen wird reduziert; ein gemeinsames Klassenzimmer mit Mädchen kann als unangenehm empfunden werden. Mädchen in diesem Alter hingegen zeigen verstärkt „weibliches“ Verhalten – sie frisieren sich, zeigen Schmuck und beschäftigen sich mit Makeup und besonderen Gesprächen, oft auch mit Lehrer:innen, um ihre Weiblichkeit zu verifizieren.


Allmählich entwickelt sich dann eine neue Form freundschaftlicher Beziehung, insbesondere unter Mädchen: Zwei Mädchen werden enge Vertraute, teilen Geheimnisse, besuchen einander, übernachten und besprechen ihre Gedanken bis spät. Bei Mädchen entstehen starke dyadische Bindungen – eine dritte Person verändert diese Dynamik oft – während Jungen Gruppen von 3–4 Freunden bilden, die sich meist zu Aktivitäten wie Ballspielen, Radfahren oder anderen Abenteuern treffen.

Autorin: PhDr. Marja Voleman, PhD.

Original veröffentlicht: 27. 4. 2022

Deutsche Übersetzung: 6. 7. 2025


Quellen:

  • Edice dobrá škola (2012). Diagnostika, školní zralosti. Praha: Raabe. ISBN 978-80-87553-52-7

  • Langmeier, Josef; Krejčířová, Dana (2006). Vývojová psychologie. Praha: Grada. ISBN 978-80-247-1284-0

  • Velemínský, Miloš (2017). Dítě od početí do puberty, 1500 otázek a odpovědí. Praha: Triton. ISBN 978-80-7553-148-3

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