top of page

Unterstützung der Entwicklung von Schulkindern

Diese Lebensphase wird manchmal als das „liebe Kind“-Alter bezeichnet. Kinder in diesem Alter sind gerne mit Erwachsenen zusammen, begleiten sie mit Begeisterung bei deren Tätigkeiten und helfen bereitwillig bei Aufgaben im Haushalt oder bei Hobbys (sie kochen mit, werkeln mit, spielen mit). Genießen Sie diese Zeit!

Der bekannte tschechische Psychologe Zdeněk Matějček unterteilte das Grundschulalter in drei Phasen:

  • Frühes Schulalter: ca. 6–8 Jahre

  • Mittleres Schulalter: ca. 9–12 Jahre

  • Spätes Schulalter: überlappt mit der beginnenden Pubertät

Frühe Schulalter: ca. 6–8 Jahre​

Das frühe Schulalter ist eine Übergangsphase zwischen der spielerischen Vorschulzeit und dem gereifteren Verhalten eines Schulkindes. Der Schulanfänger tritt meist mit großer Neugier in die Schule ein. Die Freude am Lernen kommt von innen – Kinder wollen entdecken, verstehen, forschen. Sie stellen Fragen („Warum?“), wollen Dinge begreifen und meistern neue Schulaufgaben mit Stolz. Diese intrinsische Motivation zum Lernen basiert auf drei Grundbedürfnissen: Neugier, die Herausforderung zu meistern und das Bedürfnis nach Kompetenz und Kontrolle über die Umwelt.

Aufmerksamkeit, Konzentration und Lernen

Kinder im frühen Schulalter spielen noch sehr gerne und ihre Konzentrationsspanne ist kurz – beim Schulstart etwa 10 Minuten. Daran sollten Eltern denken, wenn sie gemeinsam Hausaufgaben machen: Regelmäßige Pausen (idealerweise mit Bewegung) sind notwendig. Auch im Schulunterricht werden deshalb häufige Aktivitätswechsel eingeplant – 45 Minuten still sitzen und sich auf eine Sache konzentrieren wäre zu viel verlangt.


Wenn das Lernen zu lange dauert, stehen die Kinder auf, sprechen, essen oder bewegen sich, so wie sie es von früher gewohnt sind. Lehrpersonen müssen also nicht nur Lesen und Schreiben vermitteln, sondern auch Regeln, Gruppenverhalten und Arbeitshaltungen kindgerecht einführen.

Tipp: Beim Lernen zu Hause sollten nach ca. 10 Minuten kleine Pausen eingelegt werden – z. B. kurz etwas trinken oder über ein anderes Thema sprechen.


Die Lehrperson in der ersten Klasse ist für das Kind ein prägendes Modell für das spätere Lernen. Eine positive Beziehung zur ersten Lehrkraft ist ein großer Gewinn. Falls dies nicht gelingt, sollten Eltern ihr Kind aktiv begleiten und helfen, mit dieser neuen Autorität gut umzugehen.

Bewegung, Sport und motorische Entwicklung

Kinder in diesem Alter beginnen, Kraft und Beweglichkeit zu entwickeln, sie verbessern ihre Reaktionsfähigkeit, Geschicklichkeit und Ausdauer. Bewegung ist dabei entscheidend.

Der Einstieg in den Sport sollte Freude und Motivation bringen, idealerweise an der frischen Luft, im Spiel mit anderen Kindern. Gute Sportarten fördern Ganzkörperbewegung, nicht einseitige Belastung, und sollten vorrangig auf Koordination und Ausdauer ausgerichtet sein.


Sport hilft auch, soziale Kompetenzen wie Fairplay, Teamgeist, Durchhaltevermögen und Selbstkontrolle zu entwickeln. Studien zeigen, dass motorische Geschicklichkeit auch die soziale Stellung in der Gruppe beeinflusst – Kinder mit körperlicher Stärke und Gewandtheit haben oft mehr Anerkennung. Schwächere Kinder neigen häufiger zu Rückzug oder Verhaltensauffälligkeiten, es sei denn, sie können ihre Stärken in anderen Bereichen zeigen – etwa beim Lernen oder im kreativen Ausdruck.


Lesenlernen und Sprachentwicklung

Kinder im frühen Schulalter lieben oft noch Märchen – das kann eine hervorragende Motivation zum Lesenlernen sein. Lesenlernen sollte Freude, Abenteuer, Entspannung und Neugier wecken – nicht nur durch Argumente, warum Lesen nützlich ist (Wortschatz erweitern, Grammatik lernen, Textverständnis fördern...).


Diese Motivation entsteht durch Erlebnis, nicht durch Erklärung. Lesen Sie gemeinsam – anfangs liest der Erwachsene und zeigt dabei mit dem Finger mit. Später lesen Sie abwechselnd (Sätze, Absätze oder Seiten).Am Ende sprechen Sie gemeinsam über den Text, stellen Fragen, oder überlegen, wie das Kind selbst in der Geschichte gehandelt hätte.

Sprache und Kommunikation

Die Qualität der Sprache hängt stark davon ab, wie viel das Kind mit anderen sprechen kann – mit Eltern, Geschwistern, Lehrer:innen oder Mitschüler:innen. Auch Lesen hilft, den Wortschatz zu erweitern und den Ausdruck zu verbessern.


Kinder in diesem Alter schätzen illustrierte Sachbücher, die anschaulich Informationen darstellen und Zusammenhänge aufzeigen, die ihr Leben und ihre Interessen betreffen.

Sammelleidenschaft und Systematik

Viele Kinder entwickeln in diesem Alter eine Sammelleidenschaft – sei es für Burgen, Dinos, Fußballbilder oder Steine. Sammeln gibt Orientierung und hilft, die Welt in Systeme einzuordnen, die das Kind selbst versteht. Unterstützen Sie dieses Bedürfnis nach Struktur und Überblick.


Auch in Gruppen streben Kinder nach Ordnung und klaren Strukturen. Was „anders“ ist, wird oft als störend empfunden – Kinder können auf Mitschüler:innen mit Brille, Sprachfehlern, anderer Herkunft oder besonderer Begabung ablehnend reagieren. Hier braucht es klare pädagogische und familiäre Führung, um soziale Sensibilität zu fördern.

Fantasie und Kreativität

Kreativität kann durch vielfältige Materialien gefördert werden: Knöpfe, Stoffreste, Baumrinde, Steine. Kinder basteln, bauen Iglus, spielen mit Handpuppen oder gestalten Fantasiewelten im Garten.


Rollenspiele, Bastelaktivitäten und Kreativspiele fördern sowohl die Fantasie als auch soziale Kompetenzen.Beliebte Spiele sind z. B. Schach, Monopoly oder auch bestimmte digitale Spiele mit kreativem Inhalt.


Geschlechtsidentität und Rollenverhalten In diesem Alter spielen Jungen und Mädchen noch gemeinsam ohne Scham, gleichzeitig beginnt jedoch die stärkere Identifikation mit geschlechtstypischen Rollen. Mädchen helfen gerne im Haushalt, Jungen interessieren sich zunehmend für „männliche“ Tätigkeiten wie Holz hacken oder bauen.


Das zeigt sich auch in Zeichnungen oder Berufswünschen: Jungen nennen oft Berufe wie Polizist, Feuerwehrmann oder Profisportler – stark, erfolgreich, mutig. Mädchen träumen von Berufen mit sozialer oder kommunikativer Komponente – Lehrerin, Krankenschwester, Tierärztin.

Übergangszeit voller Sensibilität

Wie jede Übergangsphase bringt auch dieses Alter mehr emotionale Schwankungen und Verletzlichkeit mit sich. Kinder benötigen in dieser Zeit mehr Geduld, Verständnis und Unterstützung – sowohl von Eltern als auch von Lehrkräften.

Obwohl sie äußerlich „groß“ wirken, sind sie immer noch leicht ermüdbar. Es ist daher hilfreich, ihnen nach der Schule etwas Zeit für sich zu geben – zum Ausruhen, Lesen oder freies Spiel.


Tipp: Hausaufgaben sollten nicht auf den Abend verschoben werden. Für einen gesunden Schlaf ist es ideal, wenn das Kind alle Pflichten vor dem Abendessen erledigt hat – danach kann eine ruhige Phase zur Entspannung beginnen.

​​

Mittleres Schulalter (9–12 Jahre)

Diese Phase gilt als stabiler und klarer strukturiert. Die meisten Kinder haben sich inzwischen gut an die Schule angepasst.Die Interessen verlagern sich in die Realität, auch wenn sie noch von heldenhaften Fantasien geprägt sein kann. Kinder beobachten zunehmend das Verhalten von Erwachsenen – in der Familie, Nachbarschaft und Gesellschaft.Die Kindergruppe gewinnt stark an Bedeutung, ihre Normen werden oft wichtiger als familiäre Regeln.

Weltorientierung und Tagebuchführung

Der Schuleintritt verändert die Sprachentwicklung deutlich. Kinder hören eine Vielfalt an Ausdrucksweisen, müssen sprachlich präzise kommunizieren und zum Beispiel komplexe Aufgabenstellungen in Mathematik verstehen.


Sprachspiele, lebendige Gespräche oder Erzählrunden fördern Ausdruck und Sprachbewusstsein. Fernsehen oder digitale Medien ersetzen kein echtes Gespräch – soziale Sprache entsteht im Dialog.

​Gruppenverhalten

In diesem Lebensabschnitt verändert sich die Zusammensetzung der Kindergruppen deutlich. Jungen und Mädchen spielen nicht mehr unbefangen miteinander wie früher. Stattdessen beginnen sich Jungen verstärkt mit Jungen und Mädchen mit Mädchen zu befreunden. Dies scheint ein Ausdruck dafür zu sein, dass Kinder beginnen, geschlechtstypisches Verhalten zu festigen und ihre eigene geschlechtliche Identität zu entwickeln.


In diesem Zeitraum, der etwa bis zum 12.–13. Lebensjahr andauert, zeigen Jungen ein besonders ausgeprägtes „Jungenverhalten“:Sie sprechen laut, überheblich oder derb, sie prahlen, raufen sich, stürzen sich in heldenhafte Abenteuer – etwa beim Sprung aus der Höhe, heimlichen Nachtaktionen oder sportlichen Mutproben.Mit „Mädchen“ spricht man in dieser Phase nicht – Kontakt mit Mädchen wird vermieden und kann sogar als Strafe empfunden werden, etwa wenn ein Junge allein mit Mädchen im Klassenraum zurückbleibt.


Auch Mädchen verhalten sich in dieser Zeit sehr „mädchenhaft“:Sie frisieren sich auffällig, tragen auffälligen Haarschmuck, kichern laut, schreien, tuscheln – oft in Gruppen.Sie leihen sich Schminke von der Mutter, probieren sie aus und experimentieren mit ihrem Erscheinungsbild.Gerade in der Gruppe zeigen sie sich besonders mutig, manchmal sogar durch bewusstes Flirten mit Lehrkräften, um so ihre weibliche Ausstrahlung „auszutesten“.

Tiefe Freundschaften und Gruppenrollen

In diesem Alter entstehen intensive Zweierfreundschaften, insbesondere bei Mädchen. Sie vertrauen sich alles an, schlafen beieinander, beraten sich über Kleidung und Alltag. Sobald eine dritte Person auftaucht, kommt es oft zu einem Wechsel der „besten Freundin“. Jungen neigen zu kleineren Gruppen (3–4 Freunde), mit denen sie aktiv sind – Ballspielen, Fahrradfahren, Dinge ausprobieren.


Motivation und schulisches Interesse

Bei vielen Kindern lässt die Lernmotivation mit der Zeit nach, vor allem in höheren Jahrgangsstufen.Neugier bleibt oft nur bei besonders interessierten Kindern oder in klaren Interessensgebieten erhalten. Warum? Studien zeigen, dass äußere Belohnungen (z. B. Schulnoten) die intrinsische Motivation schwächen.

Beispiel: Kinder, die eine neue Maltechnik nur wegen eines Diploms ausprobierten, hatten später weniger Interesse, als Kinder, die ohne Belohnung oder überraschend belohnt wurden.


Gesundheitsverhalten und Identität​

Dieses Alter ist ideal, um gesundheitsförderliche Gewohnheiten zu verankern – Sport, Ernährung, Bewegung.Doch oft ist nicht die Gesundheit der Antrieb, sondern Zugehörigkeit zur Gruppe oder der Wunsch, sich von Erwachsenen abzugrenzen.

Diese Einflüsse sollte man nutzen – z. B. durch gemeinsame Sportprojekte, Gruppenaktionen oder Vorbilder, die gesundes Verhalten attraktiv machen.

Einfluss der Peer-Gruppe

Kinder sind empfänglich für den Gruppendruck, was Risiken birgt (z. B. Mobbing, Alkohol), aber auch viele Chancen bietet:

In der Gruppe lernen sie soziale Rollen, Kommunikation, Verantwortung – mal müssen sie sich unterordnen, mal führen oder sich durchsetzen. Besonders wichtig ist, ob das Kind in der Lage ist, angemessen in Gruppen zu kommunizieren.


Selbstwertgefühl und Schulleistung​

Um das 11.–12. Lebensjahr erleben viele Kinder einen Rückgang des Selbstwertgefühls, oft bedingt durch soziale Vergleiche.Kinder bewerten ihre Schulleistungen zunehmend im Vergleich zu anderen – was die Motivation negativ beeinflussen kann.

Ein realistisches, aber positives Selbstbild ist entscheidend für psychische Gesundheit.

  • Wer Erfolge als Glück oder Zufall sieht, fühlt sich wenig kompetent.

  • Wer Fehlschläge als Beweis fehlender Fähigkeit sieht, verliert Motivation.

Erfolge werden der eigenen Anstrengung und Fähigkeit zugeschrieben. Fehler sind Lernchancen, denn sie sind veränderbar – durch mehr Übung, bessere Strategie oder realistischere Ziele.


Der Einfluss der Eltern spielt in diesem Zusammenhang selbstverständlich eine entscheidende Rolle.Ein gesundes Selbstwertgefühl stärken Eltern nicht in erster Linie durch ständiges Lob oder Belohnung, sondern dadurch, dass sie dem Kind klar und wiederholt vermitteln, dass Erfolg vor allem das Ergebnis seiner eigenen Fähigkeiten und Anstrengungen ist.Fehler werden dabei als Lerngelegenheiten und Wachstumschancen verstanden – nicht als Zeichen von Unfähigkeit.


Wir sollten uns aktiv darum bemühen, dass jedes Kind das Gefühl eines persönlichen Erfolges erleben kann.Ein Kind ist vielleicht besonders gut im Rechnen, ein anderes wiederum zeigt besondere Fürsorge für jüngere Kinder, Pflanzen oder Tiere.Wichtig ist, dass das Kind darin bestärkt wird, das Gefühl zu entwickeln:„Ich gestalte mein Leben mit. Ich kann mitbestimmen, wie mein Tag verläuft und wie meine Zukunft aussieht. Ich habe mein Leben in der Hand.“

Auch die Kindergruppe hat einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung des Selbstwertgefühls.


Schlussfolgerung

Die Schulzeit ist eine bedeutende Etappe in der Entwicklung eines Kindes – nicht nur im Hinblick auf Wissen und Kompetenzen, sondern vor allem auch in Bezug auf seine Persönlichkeit, soziale Fähigkeiten und Selbstwertgefühl. Jedes Kind bringt individuelle Stärken, Schwächen und Bedürfnisse mit, die respektiert und gezielt gefördert werden sollten.


Entscheidend für eine gesunde Entwicklung sind ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Lernen, Bewegung, Spiel und Ruhe, ein unterstützendes familiäres Umfeld, eine verständnisvolle Lehrkraft sowie Möglichkeiten zur Mitbestimmung und Selbstwirksamkeit. Die Eltern spielen dabei eine Schlüsselrolle – nicht durch Druck oder ständiges Lob, sondern durch ehrliches Interesse, Vertrauen und echte gemeinsame Zeit.

Wenn wir Kindern ermöglichen, Erfolge zu erleben und Fehler als Lernchancen zu begreifen, fördern wir ihre innere Motivation, Resilienz und Lebensfreude – Werte, die sie ihr ganzes Leben begleiten werden.


Autorin: PhDr. Marja Voleman, PhD.

Veröffentlicht: 27.04.2022

Deutsche Übersetzung: 07.07.2025


Quelle:

  • Černá, Olga (2014). Čtení není žádná nuda. Praha: Portál. ISBN 978-80-262-0720-7

  • Edice dobrá škola (2012). Diagnostika, školní zralosti. Praha: Raabe. ISBN 978-80-87553-52-7

  • Langmeier, Josef; Krejčířová, Dana (2006). Vývojová psychologie. Praha: Grada. ISBN 978-80-247-1284-0

  • Velemínský, Miloš (2017). Dítě od početí do puberty, 1500 otázek a odpovědí. Praha: Triton. ISBN 978-80-7553-148-3

Kommentare


bottom of page